Der Begriff der Bildung steht an der Schnittstelle von Philosophie und Erziehungswissenschaft. Er beschreibt, je nachdem wie man ihn füllt – als Zustand, als Prozess oder als Struktur –, in unterschiedlicher Weise eine normative Erwartung des Menschseins. Ausgehend von der anthropologischen Tatsache, dass der Mensch nicht fertig geboren wird, sondern „zum Menschen erst wird durch Erziehung“ (Kant), also bildungsfähig und bildungsbedürftig ist, haben sich Philosophen und/oder Pädagogen seit den Anfängen der abendländischen Philosophie Gedanken darüber gemacht, welche Form der Bildung dem Menschen am ehesten entspricht, wohin und womit man den Menschen bilden soll und wie diese Bildung im Spannungsfeld von gesellschaftlichem Anspruch, kulturellen Traditionen und individuellen Möglichkeiten zu verwirklichen ist.

Allerdings wird heute Bildung im Rahmen von „empirischer Bildungsforschung“ eher als deskriptiver Kompetenzbegriff verstanden, der eindeutig operationalisierbar und empirisch erfassbar ist. Beide Begriffe haben eine je eigene Berechtigung, müssen aber unterschieden werden, will man nicht dem „naturalistischen Fahlschluss“ aufsitzen und aus den empirischen Ergebnissen einer vorausgesetzen Kompetenzdefinition ein unfassendes und normatives Bildungsprinzip ableiten.

Das Seminar sucht anhand klassischer und moderner Texte einen philosophischen Zugang zu diesem erziehungswissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Grundbegriff.