Eine
Kulturgeschichte des Christentums ist keine Kirchengeschichte, auch
keine Christentumsgeschichte, sondern eben eine Kulturgeschichte des
Christentums: Welche Auswirkungen haben zweitausend Jahre christlicher
Glauben auf das Zusammenleben, Wirtschaften und Herrschen der Menschen
in Europa (und der Welt) gehabt insbesondere im Hinblick auf Musik,
Kunst, Architektur und Literatur, - dabei dominieren die Glanzpunkte
christlicher Kunst. Die christliche Kultur wird so zum Schlüssel zum
Verständnis des Abendlands. Das Christentum hat seit der Antike nicht
nur die Künste, sondern auch das Zusammenleben, Wirtschaften und
Herrschen vor allem in Europa zutiefst geprägt und so die Welt immer
mehr mit seinem Ausblick auf eine göttliche Dimension «verzaubert», bis
jeder Winkel der Kultur — und selbst der Krieg — christianisiert war.
Mit der Aufklärung setzte eine schrittweise Entzauberung ein (Max
Weber), aber gerade mittels Kunst, Musik, Architektur und Literatur, die
auch das Gefühl ansprechen, hat sich das Christentum seit der Romantik
verwandelt und prägt die Kultur auch noch nach Nietzsches berühmtem Satz
vom Tod Gottes. Die tragenden Grundüberzeugungen des Christentums sind
eben nicht allein in seinen klassischen Lehren, Riten und Institutionen
zu finden, sondern auch in Musik, Kunst, Architektur und Literatur.
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